Auf ein Wort
«Jeder will Wasser, Strom und Kanalisation!»
Mit Philipp Baumgartner im Gespräch
Philipp Baumgartner ist Geschäftsführer der Gebr. Hilti AG BauUnternehmung und damit auch für den Bereich Tiefbau zuständig. Dieser umfasst unter anderem Kanalisationen und Werkleitungen. Philipp Baumgartner gibt Auskunft.
Philipp Baumgartner, als Verkehrsteilnehmenden ärgert man sich oft über die vielen Behinderungen auf den Strassen. Oftmals werden diese ausgerechnet im Sommer aufgerissen, um sie auszubessern oder mit neuen Leitungen zu versehen. Weshalb müssen diese Arbeiten im Sommer durchgeführt werden?
Bauarbeiten im Freien sind temperatur- und witterungsabhängig. Nicht jede Arbeit kann zu jeder Jahreszeit ausgeführt werden. Temperaturen unter 5 Grad stellen erschwerte Bedingungen dar, ebenso Temperaturen über 30Grad, egal ob kalt oder heiss, es ist immer eine Herausforderung für Mensch, Maschine und Baumaterial. Die kälteren Monate (Dezember, Januar Februar, März) schränken die Arbeiten ein. In den wärmeren Monaten gilt es in der Regel mehr zu bewältigen. Infrastruktur ist für unseren Gesellschaft wichtig, ohne Infrastruktur funktioniert es nicht, jeder von uns will Wasser, Strom, eine funktionierende Kanalisation oder gut ausgebaute Verkehrswege. Von «nichts» kommt «nichts» 😊
Gerade im Sommer 2024 hat man den Eindruck, sämtliche Strassen im Land würden auf einmal saniert, was zahlreiche Umleitungen zur Folge hat. Könnte man diese Arbeiten nicht etappenweise, also Jahr für Jahr, ausführen?
Dies ist grundsätzlich der Fall. Es wird sehr viel in unsere Infrastruktur seitens Land und Gemeinden investiert. Das ist positiv. Es braucht regelmässige Investitionen über Jahrzehnte, damit der Erhalt gesichert und der Ausbau auf sich verändernde Bedingungen erfolgen kann. Beängstigend wird es dann, wenn nichts mehr investiert wird. Das passiert in anderen Ländern wie z.B. in Deutschland. Für die Bevölkerung hat das schwerwiegende Konsequenzen, ganze Strassenabschnitte und Brücken werden stillgelegt, weil die Kommunen bzw. das Land die Baukosten für Erneuerung / Sanierungen nicht tragen können aufgrund leerer Kassen. Bau ist also stark abhängig davon wie gut es einem Land geht, wir dürfen uns glücklich schätzen hier zu leben.
Was für Leitungen müssen denn hauptsächlich ersetzt oder repariert werden? Wie häufig sind Rohrbrüche?
Die Bevölkerung, die Industrie und der Verkehr wachsen. In der Folge muss auch die Infrastruktur jeweils sich den neuen Gegebenheiten anpassen. Die Erschliessung neuer Quartiere verlangt funktionierende Leitungsnetze und funktionierende Strassen. Leitungen für Wasser, Abwasser, Strom, Kommunikation, Gas oder Fernwärme werden nötig. Die alten Netze können die Kapazität irgendwann nicht mehr decken, ein Ausbau oder Ersatz ist unumgänglich.
Rohrbrüche treten vor allem bei älteren Wasserleitungen auf, oft in den kälteren Monaten. Die Lebensdauer der Rohre ist erreicht. Setzungen des Strassenkörpers infolge hoher Belastungen können ebenfalls Rohrbrüche hervorrufen. Mit 6-9 Rohrbrüchen pro Jahr ist zu rechnen.
Welche Materialien werden für Rohre und Leitungen eingesetzt und wie lange ist deren Lebensdauer?
Rohre aus Kunststoff, Glasfaserverstärkter Kunststoff, Stahl, Guss und Beton, Lebensdauer ist je nach Material unterschiedlich im Bereich von 40 – 80 Jahre (Anwendung meist jedoch kürzer aufgrund anderer Einflussfaktoren).
Könnte man nicht (einmalig) einen grossen Tunnel unter den Strassen bauen, so dass die Leitungen nur noch eingezogen werden müssen? Dann hätte man über Jahre hinweg Ruhe, oder?
Bei uns sind diese Bauwerke im öffentlichen Strassenbau selten bzw. praktisch nie anzutreffen. Das Prinzip gibt es aber tatsächlich, in Städten. Die Bauwerke sind teuer bezüglich Baukosten, Wartung, und Unterhalt und bieten sich nicht überall an.
In unseren Breitengraden reden wir von sogenannten Medienkanälen oder Werkleitungskanälen, oft begehbar in Industrie- und Gewerbebetrieben. Im öffentlichen Strassenbau wird konventionell gebaut, da die Kosten in einem Missverhältnis (Aufwand – Ertrag) stehen.
Rund um die Uhr arbeiten würde die Gesamtzeit einer Baustelle verringern. Das wird jedoch selten gemacht. Liegt das am Auftraggeber, an den personellen Kapazitäten der Bauunternehmer oder am Geld?
Das «rund um die Uhr» arbeiten tönt immer ganz einfach, ist es aber nicht. Es bräuchte viel Bereitschaft und Akzeptanz bei den Auftraggebenden, Unternehmenden und vor allem bei der Gesellschaft. Viele Einflussfaktoren wie Gesetze, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen, Ruhezeiten oder das Geld schränken uns hier ein. Ich bin mir nicht sicher, ob die Gesellschaft Freude daran hätte, wenn in der Nacht auf unseren Strassen durchgearbeitet würde, ohne Lärme ginge es auch nachts nicht.
Was viele nicht wissen, es gibt auch bei unseren inländischen Bauprojekten Nachteinsätze. Bei diesen Einsätzen werden heikle Strassenquerungen oder Strassenabschnitte erledigt, damit morgens der Verkehr wieder rollen kann.
Ein durchgehender Schichtbetrieb ist zum heutigen Zeitpunkt und aus meiner Sicht nicht realistisch, zumal sehr aufwändig und organisatorisch herausfordern.
Fachbegriffe verständlich erklärt
Abdichtungen
Positivseitige Abdichtung: An der Außenseite des Kellers oder Fundaments, um Wasser abzuhalten, bevor es in die Konstruktion eindringen kann.
Negativseitige Abdichtung: An der Innenseite, um eindringendes Wasser von innen zu stoppen, wenn eine Außenabdichtung nicht möglich ist.
Strukturelle Beeinträchtigungen durch Wassereintritt
Unter strukturellen Beeinträchtigungen versteht man Schäden oder Schwächungen an den tragenden und nicht tragenden Bauteilen eines Gebäudes, die durch das Eindringen von Wasser verursacht werden. Diese Schäden können die Stabilität, Integrität und Lebensdauer des Gebäudes erheblich beeinträchtigen. Wasser kann durch verschiedene Wege in die Bausubstanz eindringen, wie etwa durch undichte Stellen, Risse, kapillar aufsteigende Feuchtigkeit oder undichte Fugen. Wenn dies über einen längeren Zeitraum geschieht, kann es zu erheblichen Problemen kommen.