Welche Energiequelle für welches Bauvorhaben?
Im Gespräch mit Christoph Ospelt von der Lenum AG über Wärme, Energie und Klima.
Lenum AG ist eines der führenden Unternehmen, wenn es um intelligent geplante Bauten geht. Lenum AG stellt die Weichen im Planungsprozesse von Anfang an richtig und leistet damit einen massgeblichen Beitrag an eine nachhaltige Entwicklung beim Bauen. Christoph Ospelt, Geschäftsführer der Lenum AG, antwortet auf aktuelle Fragen.
Öl-, Gas- und Strompreise sind heute für viele Menschen ein finanzielles Problem. Wie wirkt sich die Verknappung der Ressourcen aus?
Die Preise für fossile Energien schwanken stark. Mehr als die eigentliche Ressourcenverknappung sind es Markteingriffe und politische Ereignisse wie der Ukraine-Kriege, welche den Preis beeinflussen. Das bringt viel Unsicherheit – Unsicherheit mag niemand. Demgegenüber hat man bei erneuerbaren Energien einen kalkulierbaten Preis: Die Erstinvestition ist meist hoch, der Preis aber bekannt. Der Betrieb ist dann fast kostenlos.
Alternativenergien rücken wieder verstärkt in den Fokus. Was empfehlen Sie Ihren Kunden? Gibt es ein Energiesystem für alle?
Wenn es dies gäbe, dann bräuchte es uns nicht. Jedes Bauobjekt ist anders und steht an einem anderen Ort mit anderen Nutzern und Erwartungen. Dies gilt es zu berücksichtigen. Klar zugenommen hat der Anteil Wärmepumpen. Zu unterscheiden sind Wärmepumpen mit Erdsonden, Grundwasser oder Umluft als Wärmequelle. Alle drei Typen haben je nach Grundstück und Anforderungen ihre Berechtigung. Mit Erdsonden und Grundwasser lässt sich im Sommer zusätzlich fast ohne Energieaufwand kühlen. Bei Gewerbe- und Verwaltungsbauten kann dies ein wichtiges Kriterium sein.
Tendenziell abgenommen hat die Verwendung von auf Holz basierten Feuerungen. Nur noch von Liebhabern werden Stückholzfeuerungen neu eingebaut. Hackschnitzelanlagen finden auch nur noch in eher grossen zentralen Anlagen wie z.B. der Fernwärme Malbun Anwendung. Aber auch um die eigentlich recht einfach zu betreibenden Pelletsfeuerungen ist es eher ruhiger geworden. Spannend sind diesbezüglich direkt im Raum aufgestellte Ofen, die mit Pellets aus Säcken befüllt werden. Für sehr energieeffiziente Kleinbauten kann dies eine kostengünstige Lösung sein.
Sinnvoll und vom Platzbedarf unschlagbar ist der Anschluss an die Fernwärme. Bei der Fernwärme aus der KVA wird vorwiegend Wärme verwendet, die sonst nutzlos aus dem Kamin entweichen würde. Dies ist natürlich nur möglich, wo die Fernwärmeleitung vorhanden ist.
In fast jedem Fall sinnvoll ist eine Fotovoltaikanlage. Idealerwiese ist die Wärmepumpe so gesteuert, dass diese dann läuft, wenn Strom von der Sonne erzeugt wird. Natürlich geht das nicht immer, aber der Eigenverbrauch und damit die Wirtschaftlichkeit lässt sich dadurch deutlich erhöhen. Überschüssiger Strom, kann gegen eine Vergütung in das Stromnetz eingespiesen werden.
Die Abkehr von Atom-Energie wurde in den letzten zwei Jahrzenten in Deutschland aber auch in der Schweiz vorangetrieben. Nun aber scheint es teilweise wieder in die andere Richtung zu gehen. Es gibt Kreise, die sich für Atomstrom als umweltschonende Energie einsetzen. Was meinen Sie dazu?
Atomenergie hat einen grossen Vorteil: Atomstrom verursacht nur wenig CO2-Emissionen. Sie hat aber auch einen ganz grossen Nachteil und das ist die Entsorgung des Atommülls. Wir hinterlassen nicht nur unseren Enkeln sondern noch hunderten von Generationen danach hochproblematischen Müll.
Derzeit ist Atomenergie aus einem neu erstellten Kraftwerk so teuer, dass sich dies marktwirtschaftlich gar nicht lohnt. Atomenergie ist nur in Ländern machbar, wo dies politisch so gewollt ist.
Ich bin davon überzeugt, dass wir Atomstrom nicht brauchen.
Wie sieht die Energieversorgung in Mitteleuropa in 30 Jahren aus?
Die Abkehr von fossilen Energien geht einher mit einer zunehmenden Elektrifizierung der Energiesysteme. Wir müssen die erneuerbare Energieerzeugung massiv ausbauen. Es bleibt dann die Herausforderung der Energiespeicherung. Bis auf weiteres wird es auch noch Gaskraftwerke brauchen, welche die Stromlücken bei sogenannten ‘Dunkelflauten’ (kein Wind, keine Sonne) überbrücken können. Gaskraftwerke sind eine kostengünstige Technik um Leistungsreserven vorzuhalten und sie können auch mit Biogas oder Gas, das aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wurde, betrieben werden. Für industrielle Prozesse wie der Stahlherstellung wird auch die Erzeugung von Wasserstoff massiv zunehmen.
Welche Dienstleistungen bieten Sie konkret an?
Im Kern geht es bei unseren Projekten jeweils darum, das Haus als Ganzes zu verstehen. Wir optimieren daher in erster Linie die Gebäudehülle und reduzieren den Energiebedarf unabhängig von der Energiequelle. Erst im zweiten Schritt geht es dann um die technischen Systeme und Wahl des Energiesystems.
Was bei uns immer schon ein Thema war, das zunehmend Beachtung findet, ist die sogenannte ‘Graue Energie’ und das ‘Graue CO2’. Das sind die Emissionen, welche für die Herstellung der Baumaterialien angefallen sind. Bei einem Neubau hat man bei der Erstellung des Gebäudes schon viel mehr CO2 emittiert, als das Gebäude für den Rest der Lebensdauer im Betrieb ausstossen wird. Da helfen wir bei der Auswahl der richtigen Materialien, um diese Werte für die Erstellung tief zu halten.
Daneben beraten wir in Fragen zur Bauphysik und Themen des Nachhaltigen Bauens allgemein. Bei öffentlichen und institutionellen Bauherrschaften sind die entsprechenden Label zunehmend gefragt.
Die Diskussion zur Zukunft des Nachhaltigen Bauens fokussiert sich oft auf Neubauten. Dabei ist nicht zu vergessen, dass der weitaus grösste Teil der Häuser, welche wir die nächsten Jahre nutzen werden, schon gebaut sind. Diese Gebäude weisen oft eine sehr schlecht Energieeffizienz auf. Hier helfen wir, diese Gebäude zu analysieren und eine Strategie zu entwickeln, dass diese wieder fit sind für die Zukunft.